… an den Bürgermeister, die Wertinger Stadträte sowie die Wertinger Zeitung
Betreff: Stellungnahme zur E-Mail von Herrn Bürgermeister Lehmeier vom 07.03.2021, zur Anzeige in der WZ, vom 06.03.2021
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Lehmeier,
Hallo Willy,
zu untenstehender E-Mail vom 07.03.2021 nehme ich wie folgt Stellung. In der Anzeige – Klartext zum Bürgerbegehren – vom 06.03.2021 ist nicht von Grundstücksfläche, sondern von Nutzfläche die Rede. Unter Nutzfläche versteht man den Anteil der Geschoßfläche, der entsprechend der Zweckbestimmung des Bauwerks genutzt wird. Das sind bei 11 geplanten Stockwerken mit jeweils ca. 380 m² Nutzfläche, insgesamt also über 4000 m².
In den letzten 20 Jahren hat sich am Krankenhaus sehr viel verändert. Große Umbau- und Anbaumaßnahmen wurden getätigt, um eine bestmögliche medizinische Versorgung zu gewährleisten. Es hat sich aber auch gezeigt, dass bauliche Maßnahmen alleine nicht ausreichen, um die Zukunft eines Krankenhauses zu sichern. Dies gilt auch für das geplante Tower-Projekt.
Bevor ein Durchführungsvertrag mit der Stadt Wertingen abgeschlossen wird, muss der Investor gemäß § 12 BauBG das Eigentum am Grundstück erwerben. Damit stehen ihm alle Eigentümerrechte nach Recht und Gesetz zu. Aufgrund des Beschlusses vom 21.10.2020, in dem der Stadtrat „grünes Licht“ für das Tower-Projekt gegeben hat, kann der Investor nun den vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen. Er wird diesen Plan so ausgestalten, dass er sein Projekt, wie er es dem Stadtrat am 07.10.2020 vorgestellt hat, auch realisieren kann. Alles andere wäre ja absurd. Niemand stellt ein Projekt vor, bekommt dafür „grünes Licht“ und plant dann anschließend etwas anderes. Es ist naiv, zu glauben, dass sich an diesen Planungen noch substanziell etwas ändert. Das Instrument des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes wird verwendet, wenn ein genau umrissenes Projekt realisiert, und damit Zeit und Geld für die regulären baurechtlichen Planungen gespart werden soll. Mit dem jetzigen Beschluss ist der Weg frei für einen elfstöckigen Turm. Der Investor ist sich der Unterstützung des Landrats und des Bürgermeisters sicher, hat bisher alle Hürden genommen und sieht keine Veranlassung, Grundlegendes zu ändern. Dies hätte er ja in den letzten Monaten tun und damit eine Spaltung der Bevölkerung verhindern können. Ein etwaiges Vorkaufsrecht bzw. ein Vormietrecht schränkt sein Eigentümerrecht nicht ein, denn er bestimmt, zu welchen Konditionen verkauft oder vermietet wird, d.h. er gibt die Bedingungen vor, zu denen ein Vorkaufs- bzw. Vormietberechtigter ggf. eintreten kann. Das sind keine Gestaltungsrechte.
Auf einen Ideenwettbewerb zu verzichten, „weil wir nicht nur eine Idee benötigen, sondern ein Unternehmen, das dieses große Projekt realisiert“ leuchtet nicht ein.
Finanziert wird das Projekt im Endeffekt durch den Weiterverkauf von Teil- oder Wohneigentum an eine Vielzahl fremder, gewinnorientierter Eigentümer mit unterschiedlichen Interessen, die die weitere Entwicklung am Krankenhaus erheblich einschränken werden.
Die Bewirtschaftung und die Organisation von Bauträgerimmobilien werden gewöhnlich nur anfangs vom Investor und anschließend von Hausverwaltungen mit entsprechendem Know-how übernommen. Die Kosten hierfür werden auf die Nutzer sowie Eigentümer umgelegt.
Die Risiken für das Projekt trägt nicht nur der Investor, sondern in weitaus größerem Maße die Allgemeinheit:
Was passiert, wenn das Projekt scheitert und auf dem Krankenhaus ein halbfertiger Wohnturm steht?
Welche Risiken stecken in einer Eigentümergemeinschaft mit ca. 45 verschiedenen Eigentümern und deren unterschiedlichen Interessen?
Was passiert, wenn das Gebäude älter wird, und sich für die Instandhaltung keine Mehrheiten finden lassen (siehe Schwaben-Center Augsburg)?
Was passiert mit dem Gebäude, wenn es das Krankenhaus in einigen Jahren nicht mehr geben sollte?
Wie können die verbleibenden Flächen neben den verkauften Flächen weiterentwickelt werden?
Welche Einschränkungen ergeben sich für kommende Generationen, durch den Verkauf begrenzt vorhandenen Grundeigentums usw.? (die Aufzählung ist nicht abschließend)
Nach unserer Einschätzung entsteht auf dem Krankenhausgelände ein Tower, der überwiegend zu Wohnzwecken genutzt, den Bürgern jedoch irreführend als Ärztehaus „verkauft“ wird und als Ersatz für den bereits eingeleiteten Abbau am Krankenhaus dienen soll. Der Turm ist Teil dieser Strategie, der den Umbau des Krankenhauses zu einem „medizinischen Gesundheitszentrum“ zum Ziel hat und der zudem auch noch den Verkauf weiterer Flächen am Krankenhaus vorsieht. Die Bürger wünschen sich aber kein „Medizinisches Gesundheitszentrum“, sondern ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung. Das sehen wir als Aufgabe, der sich alle Verantwortlichen stellen sollten.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Lang
stellv. für die Bürgerinitiative: „Für das Krankenhaus – Gegen den Tower“